Bei den Erstklässlern wird über die bevorstehenden Ostern gesprochen. Lara erzählt von ihrem Nestchen voller Schoggi-Eili und Jan vom riesigen Schoggihasen, den er jeweils im Garten findet. Alina berichtet, wie sie mit der Mama selber Eier färben wird. Diese würden sie dann hinter dem Haus für den Osterhasen bereitlegen, damit er sie holen und am Sonntagmorgen verstecken kann. Da platzt Tim heraus: «Den Osterhasen gibt es ja gar 
nicht!», und sogleich wird lebhaft diskutiert. «Wer hat denn jetzt recht?», wird schliesslich die Lehrerin gefragt.

Um nicht Partei ergreifen zu müssen, schlägt diese den Kindern vor, sie sollten doch alle einen Osterhasen zeichnen. «Woran erkennt man denn, dass es ein richtiger Osterhase ist?», fragt sie nach einer Weile und während alle am Zeichnen sind: «Sind das jetzt alles richtige Osterhasen?» «Meiner ist aus Schoggi!», teilt Jan mit. Tim schmunzelt: «Ich habe meine Oma gezeichnet! Die hat mir nämlich letztes Jahr das Osternestchen versteckt. Aber ich habe es ganz schnell gefunden.» «Aha! Dann hat also deine Oma für dich den Osterhasen gespielt?», lächelt die Lehrerin.

Die Schulstunde endet mit einer Sammlung von Ideen, wie es Osterhasen auch noch geben könnte: als bunte Figur in Bildergeschichten, als Gelee-Häschen aus Zucker oder als Zopfteig-Brötchen, als Bastelei aus Karton und buntem Papier … «In diesem Jahr spiele ich den Osterhasen für meinen kleinen Bruder», beschiesst Alina, und alle sind sich einig: «Hauptsache, wir bekommen ein Osternestchen, egal, wer es versteckt.»

Diese Lehrerin hat bei der Streitfrage um die Existenz des Osterhasen die Methode des Philosophierens mit Kindern angewendet: Dabei gibt sie den Kindern eine Plattform, um die verschiedenen Meinungen auszutauschen und herauszufinden, welche Antwort für jedes Kind zurzeit die richtige ist. Dabei lernen sie zugleich, dass manchmal mehrere Ansichten richtig sein können. Und: Ja! Klar, gibt es den Osterhasen. Fragt sich nur, auf welche Art!

Die Philosophie-Pädagogin Eva Zoller Morf hat vor über 30 Jahren das Philosophieren mit Kindern entdeckt und in Büchern und auf www.kinderphilosophie.ch publik gemacht. 
Als Grossmutter freut sie sich nun über die kleinen Philosophen in ihrem Leben. Gerne nimmt sie auch Ihre Kinder­fragen entgegen, um zu überlegen und zu beschreiben, wie man damit am besten umgehen könnte: redaktion@grosseltern-magazin.ch