Florian Ast über seine Grosseltern: «Danke, lieber Ätte, und danke, liebes Grosi»

Seine Grosseltern waren Florian Ast so wichtig, dass er ihnen je einen Song gewidmet hat. Er ist sich sicher: Vom Himmel aus hören sie ihm zu.

Florian Ast (Text)


«Es war immer das Highlight meiner Ferien, wenn ich zu meinem Ätte und Grosi durfte. Sie lebten in einem verträumten kleinen Dorf im Berner Oberland, im Eriz. Mein Grossvater, den ich liebevoll Ätte nannte, war für die Stras­sen und den Wald im Dorf zuständig. Als kleiner Junge durfte ich ihn oft bei der Arbeit begleiten. Im Winter streuten wir Kieselsteine auf die vereisten Wege, und im Sommer verbrachten wir die meiste Zeit im Wald. Wir hackten Äste in gleichlange Stücke, die wir dann auf dem Wedelbock zu einer ‹Wedele› zusammenbanden.
Grosi bereitete uns immer ein feines Znüni zu, das wir im Wald genossen. Wenn es dunkel wurde, gingen wir nach Hause, wo uns Grosi ein leckeres Znacht auftischte. Nach einem Bad in der Wanne sass ich noch kurz auf Ättes Schoss, und wir schauten ein bisschen Schweizer Fernsehen. Das kleine Holzhaus, ein gemütliches Chalet, hatte einen wunderschönen Balkon, von dem aus man die Stockhornkette sehen konnte. Mit Feldstechern beobachteten wir manchmal Gämsen und Steinböcke oder machten uns ein wenig über die Nachbarn lustig, die in ihren Gärten oder auf den Feldern arbeiteten.
Wenn ich nicht mit Ätte unterwegs war, spielte ich mit meinem Bruder Maik und unserem Cousin, dem Michu, im Wald, als wären wir in einem echten Jungenmärchen. Wir bauten Baumhütten, hämmerten, sägten und richteten unsere eigene kleine Welt ein. Auch eine Feuerstelle hatten wir. Wir waren Lausbuben. Sogar ein eigenes Detektivbüro richteten wir ein, und einmal durften wir bei einem Fall der richtigen Polizei helfen. Als die Grosseltern davon erfuhren, waren sie nicht besonders begeistert. Grosi sagte immer: ‹Wenn ihr Jungs mal Mist baut, landet ihr im Schloss in Thun!› Damals war es nämlich ein Gefängnis. Trotzdem hatte Grosi immer ein Lächeln auf den Lippen, auch wenn wir oft Flausen im Kopf hatten.
In den Ferien haben wir bei meinen Grosseltern kaum musiziert. Aber mein Grossvater erkannte früh meine Leidenschaft für die Musik und schenkte mir eine uralte Handorgel. Ätte sagte zu mir: ‹Mach in deinem Leben, was du willst und gut kannst. Sei fleissig und respektvoll mit den Menschen, denen du begegnest, und du wirst alles erreichen, was du willst.› Grosi fügte hinzu: ‹Und hasse nie jemanden.›
Diese Ratschläge trage ich bis heute tief in meinem Herzen, und ich bin unendlich dankbar, dass ich so viel Zeit mit meinen Grosseltern verbringen durfte. Ich hatte eine wundervolle, ungezwungene Kindheit, und bis auf mein Asthma, das mich zwar manchmal einschränkte, aber nie in die Knie zwang, erlebte ich eine Zeit voller echter Freiheit.
Danke, lieber Ätte, und danke, liebes Grosi. Ich hätte euch so gerne mit meiner Musik stolz gemacht, aber ich denke, ihr hört mir von da oben zu.» •


© Martin Baur

Zur Person: Florian Ast (49) aus Utzens­torf (BE) ist ein Schweizer Musiker. Berühmt geworden ist er unter anderem mit Hits wie «Daneli», «Ich wott Sex» oder mit «Träne». Die letzten zehn Jahre hat er sich von der Öffentlichkeit zurückgezogen und keine neuen Songs veröffentlicht. Nun meldet er sich zurück mit seinem neuen Album «Asta La Vista», das er auf einer Clubtour durch die Schweiz präsentiert. Im Lauf seiner Karriere hat er sogar zwei Songs für seine Grosseltern geschrieben: Seinem Ätte hat er das Lied «Grossvater» und seinem Grosi «I mache d’ Ouge zue» gewidmet. Florian Ast lebt im Kanton Obwalden und ist Vater von drei Kindern.
florianast.ch

Jetzt hören: «I mache d’ Ouge zue»