Escape Rooms

Sie heissen Adventure Room, Geheimgang 188 oder Argovia Escape und schiessen seit einigen Jahren auf der ganzen Welt wie Pilze aus dem Boden. Escape Rooms, zu Deutsch Fluchträume, sind Live-Spiele, bei denen sich Menschen in einem Raum einschliessen lassen und durch das Lösen von Rätseln wieder herausfinden müssen.

Von Karin Dehmer (Text) und Tibor Nad (Fotos)

Die Grosseltern Brigitt Stettler und René Stebler besuchten gemeinsam mit ihrer Enkelin Ylva (12) und deren Freundin Aliyah (13) den One Hour Es­cape Room in Basel. Für die Grosseltern war es der erste Besuch in einem Escape Room, für die Kinder bereits das dritte respektive vierte Mal.
Nachdem sich Konrad von Felten und seine Partnerin Yana Perovska vor vier Jahren in Bern zum ersten Mal aus einem Escape Room gerätselt hatten, kreierten sie zu Hause umgehend eigene Rätsel, verfeinerten sie, bauten Modelle und eröffneten nach neun Monaten Tüfteln in Basel ihren One Hour Escape Room. Ihr Raum war 2015 erst der zweite in Basel, heute gibt es davon vierzehn. «Es könnte sein, dass der Markt nun langsam stagniert», sagt von Felten. Er und seine Partnerin betreiben mittlerweile drei verschiedene Räume mit verschiedenen Themen in Basel, in einen davon, «Traum», hat sich unser Rate-Team gewagt. «Opa stand noch immer im ersten Raum und schaute sich alles genau an, während wir bereits die Tür zum zweiten geknackt hatten und weitersuchten», lacht Enkelin Ylva über die unterschiedliche Herangehensweise der Generationen an diese neue Form des Spielens. «Es muss eben alles superschnell gehen, man steht unter Zeitdruck.»

Herkunft Japan
Als Ursprung von Escape Rooms oder Exit Games, wie sie auch genannt werden, gilt das Computerspiel Crimson Room aus dem Jahr 2004. Bei diesem Game besteht das Ziel, einen Ort, an dem man gefangen ist, mithilfe von gelösten Rätseln zu verlassen. Aus den Online-Spielen entstanden dann, ebenfalls in Japan, ab 2007 die ersten Live Escape Games. Kleine Personengruppen liessen sich gemeinsam in einem oder mehreren Räumen einsperren und mussten diese innerhalb einer vorgegebenen Zeit (meist 60 Minuten) und anhand von versteckten Hinweisen und Gegenständen wieder verlassen. Das erste kommerzielle Angebot in Europa entstand 2011 in den Ruinenkellern Budapests. In der Schweiz wurde der erste Escape Room 2013 in Bern von einem Physiklehrer eröffnet, der das Spiel für seine Schüler geplant hatte. Er hat bis heute weltweit mehrere Dutzend Lizenzen für seine Abenteuerräume verkauft. Die Spiele sind beliebt für Teambildungsanlässe, Polterabende, Geburtstagspartys und bieten gerade für Familien einen tollen, generationenübergreifenden Ausflug.
«Es war super!», sagt Grossmutter Brigitt Stettler nach ihrer ersten Erfahrung in einem Escape Room. «Das werden wir auf jeden Fall auch mit unseren anderen Enkelkindern machen.» Ihr hat gefallen, wie viel intuitiver die Kinder die Räume durchsuchten und Dinge ausprobierten, auf die die Erwachsenen noch gar nicht gekommen wären. «Den Mädchen kam auch ihre Erfahrung mit dem Spiel zugute. Sie wussten, dass wenn es irgendwo ein Zahlenschloss gibt, man nach versteckten Hinweisen für Ziffern suchen muss. Sie waren längst damit beschäftigt, während Opa und ich uns noch zu orientieren versuchten», lacht sie. «Ohne die Mädchen hätten wir definitiv länger gebraucht, die Rätsel zu lösen.» Aber, die Begleitung von etwas strukturiert denkenden Erwachsenen habe den Mädchen auch geholfen, sich nicht zu verlieren und eins ums andere anzugehen.

Die passende Rahmengeschichte
Die Spielerinnen und Spieler erhalten vor dem Beginn von der Spielleitung eine Hintergrundgeschichte zum Rätsel. Jeder Escape Room hat seine eigene Geschichte. Die Elemente, mit denen gespielt wird, mögen ähnlich sein, aber jeder Raum ist einzigartig. Beim «Traum» geht es um die verlorenen Farben in den Träumen der Fantasiefigur Amelia. Die Spieler dringen während der Suche in die tiefsten Ebenen von Amelias Träumen vor und müssen mit den gelösten Rätseln die Farben wieder befreien, damit Amelia endlich nicht mehr nur schwarz-weiss träumen kann. Ylva und Aliyah haben bis anhin noch in keinem optisch so ausgefallenen Raum gespielt. «Am Anfang war die schwarz-weisse Einrichtung mega speziell, aber sobald die Suche und das Rätseln losgeht, taucht man darin ein und vergisst die fehlenden Farben», erzählt Ylva.
Über Kameras beobachten die Spielleitenden die Gruppe auf ihrer Suche und geben notfalls per Lautsprecher Anweisungen oder Tipps, wenn sie nicht vorwärtskommt. Die Spielenden können aber auch selbst aktiv um Hilfe bitten.
Ylva: «Ich war schon in Escape Räumen, da gab es bis zu fünf verschiedene Zimmer, die man durchwandern musste. Da weiss man schon zu Beginn, dass man vermutlich keine Chance haben wird, es in einer Stunde herauszuschaffen. Das ist dann schade, wenn man nicht alle Räume zu sehen bekommt.»
Den Mädchen gefiel am «Traum» darum gerade auch, dass es nicht zu viele Räume gibt (die genaue Anzahl sei an dieser Stelle nicht verraten), weil die Gruppe so die Chance hat, während des Spiels alles zu sehen und zu erkunden, was sich die Kreatoren ausgedacht haben. Gerade für Familien mit Kindern ist es ratsam, vor der Buchung eines Raumes abzuklären, welchen Schwierigkeitsgrad das Rätsel hat. Die Websites der Anbieter geben Auskunft darüber. Viele von ihnen, darunter auch One Hour Escape, passen im Vorfeld auf Wunsch ihre Rätsel spezifisch für jüngere Kindern an.

INFOS:
Wie bei allen erfolgversprechenden Geschäftsmodellen gibt es bei Escape Rooms mittlerweile nationale und internationale Franchising-Ketten. Die meisten Räume sind allerdings von privaten, engagierten Betreiberinnen und Betreibern liebevoll ausgedacht und eingebettet in eine kreative Geschichte. So auch die Räumlichkeiten von One Hour Escape, in der unser Fotoshooting stattgefunden hat.
One Hour Escape, Basel, 061 501 71 51, onehourescape.ch

Die Kosten für einen Spieldurchgang variieren je nach Anbieter und Grösse der Gruppe. Preis für eine Familie mit 4 Personen: ab 135 Franken.
Die Buchung für ein Spiel erfolgt normalerweise über die Websites der Betreiber.

World of escapes ist eine Datenbank, auf der weltweit Escape Rooms zusammengefasst sind. Per Suchfunktion kann man in einer Stadt nach Wunsch nach vorhandenen Anbietern suchen. worldofescapes.ch

Für zu Hause: Das Prinzip der Escape Rooms gibt es auch in Form eines Brettspiels. Verschiedene Schwierigkeitsstufen stehen zur Wahl. Wie bei der Live-Version kann man die Spiele allerdings nur einmal spielen, weil, wenn die Rätsel einmal geknackt sind, ist die Spannung vorbei.