“Meine Grosseltern” von Dominic Stricker: Geduld, Zielstrebigkeit und viel Nähe

Der Sportler Dominic Stricker ist seit seinen Erfolgen am US Open 2023 und an den Swiss Indoors in Basel der Shootingstar der Schweizer Tenniswelt. Was seine Grosseltern damit zu tun haben? Sehr viel.

Michael Spillmann (Aufgezeichnet)

Arthur und Dora Bönzli, Dominic, Rosmarie und Emil Stricker (v. l.) an ­Dominics Konfirmation 2018 (unten)

Meinen Grosseltern habe ich viel zu verdanken, allen vieren. Sie waren wichtige Bezugspersonen für mich und immer für mich da. Auch meinen Traum von einer Tenniskarriere haben sie tatkräftig unterstützt und mich früher extrem oft zu den Trainings nach Biel gefahren – drei- bis viermal pro Woche. Sie sind jeweils dort geblieben, haben zugeschaut. Danach haben sie mich wieder heimgefahren. Ich ass auch regelmässig bei beiden Grosselternpaaren zu Mittag und verbrachte zusammen mit meiner Schwester die Ferien bei ihnen.
Die Eltern von meinem Papa, Rosmarie und Emil, wohnen im gleichen Dorf wie wir. Die Grosseltern mütterlicherseits, Dora und Arthur, leben nur 15 Minuten von uns entfernt. Sie verwöhnten meine Schwester und mich mit so feinen Sachen wie Hörnli mit Ghacktem, unserem damaligen Lieblingsessen. Mit Dora und Arthur sind wir jedes Jahr vor Weihnachten nach Bern gefahren und haben dort ein Weihnachtstheater besucht. Im Frühling sind wir zum Aprilglocken-Pflücken in den Jura gereist. Daran kann ich mich gut erinnern.
Wo wir so darüber reden, wird mir bewusst: Ich habe tatsächlich mega viele Erinnerungen, die ich mit meinen Grosseltern verbinde. Bis heute habe ich ein schönes Verhältnis zu allen.
Als ich es beim US Open bis in die Achtelfinals schaffte, sind die Grosseltern in der Schweiz bei jedem Spiel wach geblieben. Und das wird ja mit der Zeitumstellung jeweils recht spät beziehungsweise früh. Sie schauen alle Übertragungen meiner Spiele und ich glaube, sie halten es nervlich recht gut aus, auch wenn sie natürlich mitfiebern. Ausser Grosi Rosmarie: Sie ist jeweils sehr nervös. Aber sie verfolgt trotzdem immer den ganzen Match. Während des US Opens wurden meine Grosseltern auf der Strasse angesprochen und zu meinem Erfolg beglückwünscht. Da waren sie sehr stolz.
An die nationalen Turniere, an denen ich als Kind teilgenommen habe, begleiteten mich meine Grosseltern oft. Ich habe sie damals mehrmals pro Woche gesehen. Aber mittlerweile ist es schwieriger geworden, sie regelmässig zu sehen. Ich bin überall auf der Welt unterwegs und an die internationalen Turniere kommen sie nicht mehr mit. Kürzlich aber, bei einem Zwischenhalt in der Schweiz, sind sie zu Besuch gekommen. Das war sehr schön. Mir ist es wirklich wichtig, mit ihnen in Kontakt zu bleiben, und so schreiben wir einander viele Nachrichten übers Handy.
Meine Zielstrebigkeit habe ich vermutlich von meinen Grosseltern väterlicherseits geerbt. Sie haben ein eigenes Geschäft geführt, haben sehr hart gearbeitet von früh bis spät. Grosi hatte zudem einen Marktstand mit Früchten und Gemüse in Thun. Meine Schwester und
ich sind oft zur Unterstützung mit zum Markt gefahren. Das hat uns gefallen.
Von meinen Grosseltern mütterlicherseits habe ich die Geduld mitbekommen. Sowohl Zielstrebigkeit als auch Geduld sind sehr wertvolle Charaktereigenschaften für meine Tenniskarriere. So habe ich ihnen auch in diesem Bereich viel zu verdanken.•

Foto: Sven Thomann

Dominic Stricker (21) aus Grosshöchstetten (BE) ist ein Schweizer Tennisspieler (ATP 90). Sein Debüt auf der Profi-Tour hatte er 2021 in Genf, wo er es bis in die Achtelfinals schaffte. Seinen grössten Erfolg feierte Stricker bei den US Open 2023, als er in den ersten drei Runden unter anderem sogar gegen den Weltranglistensiebten Stefanos Tsitsipas gewann, wodurch er als Qualifikant erstmals in das Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers einzog und die Top 100 der Weltrangliste erreichte. In die Herzen des Publikums spielte er sich auch mit seinem Pausenauftritt. Vor dem Seitenwechsel sang Stricker fröhlich zur Stadionmusik mit: «I Wanna Dance with Somebody».