Grosi sucht Familie – oder andersherum

Was, wenn keine Enkelkinder in Sicht sind, der Wunsch nach Kinderlachen dennoch gross? Rena Snoy führt auf der Internet-Plattform misgrosi.ch Familien mit Wunsch-Grosis zusammen.

Von SABINE BORN (Interview)


RENA SNOY, Gründerin von misgrosi.ch und Beraterin für Digitales Marketing.

Rena Snoy, Sie haben 2016 die Plattform misgrosi.ch gegründet, 
vermitteln dort zwischen Wunsch-Grosis und Familien. Was gab den Ausschlag dazu?

Die zündende Idee lieferte meine Mutter. Sie hatte sich immer Enkelkinder gewünscht, hätte ihnen gerne vorgelesen, mit ihnen gespielt, spannende Sachen unternommen. Ich bin leider kinderlos geblieben, und so wurde meine Mutter selber aktiv, hat Kindergärten kontaktiert, Freunde und Bekannte gefragt, ob sie Kinder hüten dürfe. Da kam mir die Idee, eine Plattform zu gründen, um reife Frauen und Familien zusammenzubringen. Ich dachte an aktive, lebensfrohe Frauen wie meine Mutter, die Zeit und Freude an Kindern haben, sich gerne engagieren, etwas unternehmen wollen – als Leih-Oma sozusagen, ganz dem amerikanischen Vorbild entsprechend: «Rent a Grandma».

Auf der anderen Seite gibt es viele Familien, denen kein Grosi zur Seite steht …

Nicht immer sind Grosseltern in der Nähe, das ist richtig. Vielleicht leben sie im Ausland, vielleicht sind sie verstorben. Oder es gibt andere Gründe, weshalb die Grosseltern bei der Kinderbetreuung nicht mithelfen können oder wollen. Die Familie wünscht sich trotzdem ein Grosi. Und so helfen wir gleichzeitig Familien auf der Suche nach ihrem Wunsch-Grosi.

Mit misgrosi.ch sprechen Sie bewusst Frauen an – was ist mit den Grossvätern?

Die stehen den Grosis im besten Fall zur Seite. Aber ja, ich habe mich bewusst auf Frauen fokussiert. Auch weil es mir darum geht, die Stellung reifer Frauen in der heutigen Gesellschaft aufzuwerten, sie wertzuschätzen für das, was sie in ihrem Leben für die Gesellschaft getan haben, immer noch tun. Sie schöpfen aus einem grossen Erfahrungsschatz, geben Kindern Wertvolles mit. Letztlich ist es ein Austausch, von dem beide Seiten profitieren können.

Wie erfolgreich ist misgrosi.ch nach zwei Jahren?

Ich bin zufrieden. Die Website etabliert sich zunehmend, nicht zuletzt dank der Zusammenarbeit mit intergeneration oder Pro Senectute. Interessant ist, dass wir anfänglich mehr Grosis als Familien hatten. Inzwischen haben sich die Verhältnisse leicht geändert und mehr Familien sind auf der Suche nach einem Wunsch-Grosi.

Wie gross ist die digitale Hürde bei der Registrierung?

Das ist immer wieder ein Thema. Wunsch-Grosis müssen auf misgrosi.ch angemeldet sein und ein Profil erstellen. Wer Probleme hat, kann sich jederzeit melden. Ich leite Interessierte am Telefon an. Noch nutzen Grosis die Plattform gratis, nur Familien bezahlen einen geringen Mitgliederbeitrag.

Einmal aufgeschaltet, halten Sie sich aus der Sache raus?

Das ist richtig. Die Kontaktaufnahme zwischen Grosi und Familie läuft ohne mein Zutun. Ich empfehle eine erste Kontaktanfrage per Mail, später ein 
Telefongespräch, dann ein erstes Treffen. Wenn es für beide stimmt, handeln Familie und Grosi das Arrangement selber aus, vereinbaren auch, ob die Betreuung gratis ist oder entschädigt wird. Im besten Fall entwickelt sich eine langjährige Beziehung, von der alle profitieren. Meine bald 80-jährige Mutter zumindest ist nochmals richtig aufgeblüht. Sie ist als Vorlese-Oma in Kindergärten unterwegs, hütet Kinder als Leih-Oma und ist auf diesem Weg doch noch zu den ersehnten «Enkelkindern» gekommen. •


Dieser Artikel stammt aus dem Grosseltern-Magazin 02/2019