Grussbotschaft von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider

«Sie wissen es bereits: Ich bin vieles. Bundesrätin, Vorsteherin des Eidgenössischen Departements des Innern, Sozialministerin, alt Parlamentspräsidentin, alt Regierungsrätin und alt Ständerätin, Jurassierin, Sozialwissenschafterin und Mutter zweier junger Erwachsener – aber Grossmutter bin ich (noch) nicht. Doch auch wenn ich für dieses Grusswort nicht aus meiner persönlichen Grossmutter-Erfahrung schöpfen kann: Ich bin mir der Bedeutung von Grosseltern mehr als bewusst.

Grosseltern sind systemrelevant. Sie sind es heute – aber sie waren es auch schon früher. Meine eigene Kindheit ist ein Ausdruck dafür. Meine Eltern, meine Geschwister und ich lebten auf dem Bauernhof mit meinen Grosseltern.

Ich habe viele schöne Erinnerungen an dieses Zusammenleben. Eines meiner Lieblingsfotos zeigt mich, wie ich als etwa zweijähriger Knopf neben meiner Schwester auf dem Schoss meiner Grossmutter sitze. Ihre Schaffenskraft, ihr Berner Dialekt, ihre Geduld, uns das Lismen beizubringen, und die Freude meines Grossvaters, wenn wir mit ihm einen Schieber spielten, haben mich geprägt. Als ich erwachsen wurde, führten wir dieses Zusammenleben unter einem Dach mit seinen Vorteilen, aber auch seiner geteilten Verantwortung, weiter. Erst mit meinen Eltern, dann mit meinem Vater – bis ins Alter von 94 Jahren.

Auch wenn sich die Gesellschaft verändert hat und Mehrgenerationenhaushalte heute nicht mehr so häufig sind: Die Beziehung zwischen Grosseltern, Eltern und Grosskindern ist so wichtig wie eh und je. Es gibt dazu eindrückliche Zahlen aus dem Bundesamt für Statistik (BFS), das auch zu meinem Departement, dem Eidgenössischen Departement des Innern, gehört. Fast zwei Drittel der Kinder unter 13 Jahren werden in der Schweiz familienergänzend betreut. Wobei «familienergänzend» hier nicht ganz stimmt. Denn ein Drittel der Kinder wird sehr wohl familiär betreut – von den Grosseltern nämlich. Das bedeutet zwei Dinge: Erstens sind viele Grosseltern erfreulicherweise willens und in der Lage, Grosskinder zu hüten. Zweitens weist die Zahl auch auf eine Problematik hin: Betreuung in einer Kita ist nicht überall in der Schweiz einfach zu haben und sie belastet das Familienbudget oft sehr.

Das BFS hat ausgerechnet, wie wertvoll die Betreuung durch Grosseltern ist: 158 Millionen Stunden pro Jahr verbringen Grosseltern hierzulande mit dem Hüten ihrer Grosskinder. Bei einem geschätzten Stundenlohn vergleichbarer Berufsgruppen von 49 Franken ergibt das einen Geldwert von über 7,7 Milliarden Franken jährlich! Und wenn wir die wirtschaftliche Betrachtung noch weiterführen wollen: Stellen Sie sich vor, welche mehrfache Geldmenge die Eltern erwirtschaften, während ihre Kinder von den Grosseltern umsorgt werden … Hüten ist Care-Arbeit, und Care-Arbeit ist ein Wirtschaftsfaktor. Grosseltern sind ein Wirtschaftsfaktor.

Viele Eltern sind sich dessen bewusst. Eine Umfrage des Berner Generationenhauses hat gezeigt, dass viele jüngere Befragte finden, die Betreuungsarbeit durch Grosseltern solle entschädigt werden. Hingegen gaben ältere Befragte an, für sie sei die Beziehungspflege der Lohn. Beides kann gleichzeitig stimmen: Wir müssen anerkennen, dass Betreuungsarbeit wirtschaftlich wertvoll ist. Dennoch können wir festhalten, dass sie – abseits von ökonomischen Überlegungen – eine Bereicherung ist.

Als Sozialministerin ist es mir wichtig, dass wir uns als Gesellschaft des Werts von Care-Arbeit bewusst sind. Und dass das Angebot an familienergänzenden Betreuungsangeboten in der Schweiz so gut, hochwertig und bezahlbar ist, dass Familien frei entscheiden können, welches Betreuungsmodell für die Kinder und sie am besten passt. Dann kann nämlich auch die Betreuung durch die Grosseltern das sein, was sie sein sollte: ein zwangloser, bereichernder Mehrwert für die ganze Familie.

Für Ihre wertvolle Verfügbarkeit und Zuneigung haben Sie meine grösste Anerkennung. Ich wünsche Ihnen und Ihren Grosskindern ganz herzlich viele schöne Erlebnisse miteinander. Ihre Grosskinder werden sich, wie ich, gerne erinnern an diese kostbaren Momente von Geborgenheit, Trost und gemeinsamem Lernen und Wachsen.» •