Hütedienst bezahlen ?

Grosseltern sehen sich selbst am stärksten in der Pflicht, ihre Enkel zu hüten. Und sie finden am wenigsten, dass sie dafür eine Entschädigung zugute haben. Das geht aus dem neusten Generationen-Barometer hervor.

Anna Six (Redaktion)

81 Prozent: Vier von fünf Befragten in der Studie sind der Meinung, dass Grosseltern ihre Enkelkinder betreuen sollten. «Das Hüten der Enkelkinder scheint in der Schweiz quasi ein moralischer Imperativ zu sein», heisst es dazu im Generationen-Barometer. Gerade unter älteren Menschen – also potenziellen Grosseltern – ist diese Auffassung verbreitet. Hingegen finden nur 51 Prozent der Befragten, dass umgekehrt auch (erwachsene) Enkel ihre Grosseltern betreuen sollten. Das zeigt: Die generationalen Verpflichtungen sind in unserer modernen Gesellschaft ungleich verteilt.

65 Prozent: Zwei Drittel der Befragten finden, dass die öffentliche Hand Grosseltern für ihre Care-Arbeit entschädigen soll. Am beliebtesten wären dabei Betreuungsgutschriften für die AHV (vor Steuererleichterungen und direkten finanziellen Beiträgen). Ein Drittel ist der Meinung, dass Grosseltern für ihren Hütedienst nicht entschädigt werden müssen. Darunter sind auffallend viele über 65-Jährige. Die Zahlen zeigen einen Wertewandel: Ältere Generationen wuchsen noch in einer Zeit auf, als Kinder kaum ausserhalb der Familie betreut wurden, weil dies als Privatsache galt. Was ausserdem auffällt: Die Haltung, dass Grosseltern gratis hüten sollen, haben besonders ältere Männer, aber auch junge. Männer erwarten also eher als Frauen kostenlose Fürsorgearbeit – obwohl sie diese selbst seltener leisten.

40 Prozent: Grossmütter pflegen den Kontakt zu ihren Enkelkindern regelmässiger als Grossväter. Sie sehen diese auch öfter, da sie mehr unbezahlte Betreuungsarbeit leisten als Männer. Insgesamt sehen 40 Prozent der Schweizer Grosseltern ihre Enkelkinder wöchentlich, 45 Prozent zumindest monatlich.

20 Prozent: Jede fünfte erwachsene Person in der Schweiz, deren Grosseltern noch leben, hat wöchentlich Kontakt zu ihnen – am häufigsten die 36- bis 45-Jährigen und interessanterweise Männer etwas öfter als Frauen. Das können Besuche, Telefongespräche, aber auch E-Mails und SMS sein. 45 Prozent sehen oder hören die Grosseltern monatlich. 8 Prozent der Bevölkerung haben gar keinen Kontakt zu ihren lebenden Grosseltern; darunter sind etwas mehr Frauen.

Was ist der GenerationenBarometer?

Zum dritten Mal hat der Generationen-Barometer untersucht, was Jung und Alt in der Schweiz bewegt. Bei dieser Studie handelt es sich um eine Zusammenarbeit des Berner Generationenhauses mit dem Forschungsinstitut Sotomo. Im November 2022 wurden 2787 Personen befragt; die Ergebnisse sind repräsentativ für die Bevölkerung in der deutsch- und französischsprachigen Schweiz ab 18 Jahren.