Wir haben mit der Nephrologin Britta George über die Bedeutung der Nieren gesprochen.
Welche Aufgaben haben die Nieren in unserem Körper und wie häufig sind Nierenerkrankungen in der Schweiz?
Die Nieren haben viele lebenswichtige Funktionen, z. B. die Filterung von Giftstoffen aus dem Blut, die Aufrechterhaltung eines normalen Salz-, Mineral- und Säuregehalts im Blut, die Regulierung des Blutdrucks und die Produktion wichtiger Hormone und Vitamine. Der Verlust der Nierenfunktion führt deshalb zu vielen schwerwiegenden Problemen für unseren Körper. In der Schweiz ist jede zehnte Person von einer Nierenerkrankung betroffen. Glücklicherweise gibt es heute Medikamente, welche die Nierenfunktion schützen können, wenn sie früh genug eingesetzt werden. Deshalb ist die Sensibilisierung und frühzeitige Diagnose von Nierenerkrankungen so wichtig.
Wie bleiben die Nieren fit?
Die wichtigsten Risikofaktoren für Nierenerkrankungen sind Bluthochdruck, Übergewicht und Diabetes. Weitere Ursachen sind Autoimmunerkrankungen, Krebs, Herzerkrankungen, Infektionen, Dehydrierung und Nebenwirkungen von Medikamenten. Um die Nieren gesund zu erhalten, empfiehlt es sich, auf eine gesunde Ernährung zu achten, sich regelmässig zu bewegen, nicht zu viel Salz zu essen, nicht zu dehydrieren und nicht zu rauchen. Ausserdem sollte die langfristige Einnahme von Schmerzmitteln vermieden werden, sofern sie nicht von einer/m Ärztin/Arzt verschrieben wurden.
Empfehlen Sie grundsätzlich eine regelmässige Kontrolle bei der Nephrologin?
Im Prinzip kann man bei seiner Hausärztin oder seinem Hausarzt die notwendigen Tests durchführen lassen, um zu sehen, ob die Nieren gesund sind. Bei Auffälligkeiten erfolgt die Überweisung an eine nephrologische Klinik für weitere Abklärungen. Bei einer leichten oder stabilen Nierenerkrankung kann die Betreuung durch die Hausärztin oder den Hausarzt erfolgen. Liegt eine fortgeschrittene Nierenerkrankung oder eine sich rasch verschlechternde Nierenfunktion vor, ist die engmaschige Überwachung einer Fachärztin oder eines Facharztes unerlässlich, um eine rasche Diagnose und eine angemessene Behandlung zu gewährleisten.
Ab welchem Alter nimmt das Risiko für Nierenerkrankungen zu? Welche Symptome deuten auf eine Erkrankung hin?
Nierenerkrankungen können in jedem Alter auftreten. Allerdings beginnt bei jedem von uns die Nierenfunktion etwa ab dem 25. Lebensjahr langsam nachzulassen und das Risiko, an einer Nierenerkrankung zu erkranken, steigt ab dem 60. Lebensjahr. Eine Nierenerkrankung macht sich in der Regel erst bemerkbar, wenn etwa 70 Prozent der Funktion verloren gegangen sind – deshalb spricht man oft vom „stillen Leiden der Nieren”. Aus diesem Grund sind Aufklärung und Vorsorge so wichtig. Symptome einer schweren Niereninsuffizienz sind Lethargie, Juckreiz, Übelkeit, Bluthochdruck und Konzentrationsschwäche.
Und wie beeinträchtigt eine solche das Leben? Können Grosseltern zum Beispiel noch ihre kleinen Enkel betreuen?
Dies hängt vom Schweregrad der Nierenerkrankung ab. Menschen mit leichtem Nierenfunktionsverlust oder nach einer Nierentransplantation können in der Regel ein normales, aktives Leben führen und sich auch um Enkelkinder kümmern. Menschen mit einer fortgeschrittenen Nierenerkrankung oder Dialysepatienten sind jedoch oft antriebslos und ermüden schnell. Hinzu kommt, dass die Dialyse in der Regel dreimal pro Woche durchgeführt wird und viel Zeit in Anspruch nimmt.
Gibt es vererbbare Nierenerkrankungen?
Ja, es gibt einige erbliche Nierenerkrankungen, aber diese sind relativ selten und die meisten Nierenerkrankungen sind nicht genetisch bedingt. Wenn Sie jedoch an einer erblichen Nierenerkrankung leiden, ist es wichtig, mit Ihrer Nephrologin über das Risiko der Vererbung an Ihre Kinder und Enkelkinder zu sprechen und darüber, wie diese entsprechend getestet werden sollten.
Prof. Britta George, Klinikdirektorin, Klinik für Nephrologie Universitätsspital Zürich.
Britta George ist Vorstandsmitglied des Zurich Kidney Center der Universität Zürich