Oliver Bono: „Aufmerksamkeit, Geborgenheit und etwas Feines zum Knabbern“

Für Oliver Bono brauchte es nur einen kurzen Spurt quer durchs Dorf, um bei «Mimami» und «Bipapi» zu sein. Besonders gerne erinnert er sich daran, wie seine Grossmutter und er «sturmfreie Bude» hatten.

Von OLIVER BONO (Text und Fotos)

OLIVER BONO (53) ist ehemaliger Radio- und TV-Moderator (unter anderem in der Nachrichtensendung «Schweiz aktuell» von Schweizer Radio und Fernsehen). Heute wirkt er  als Produzent/Ausgabenleiter beim SRF-Nachrichtenmagazin «10vor10». 
Er ist verheiratet, hat drei Kinder  und wohnt in der Nähe von Zofingen.

Die Erinnerung an meine Grosseltern ist von Nostalgie geprägt. Von Romantik. Von einem heilen Leben in vergangenen Zeiten. Und das ist wunderbar. Ich hatte drei Grosseltern, denn der Vater meiner Mutter ist vor meiner Geburt verstorben. Heute behaupten Tanten und Onkel, dass mein älterer Bruder und ich immer deutlicher nach dem «Grossdädi» kämen. Das ist in Ordnung, denn Grossdädi Zumstein soll ein herzensguter Mensch gewesen sein. Seine Ehefrau, meine Grossmutter, habe ich noch in bester Erinnerung als stämmige, temperamentvolle Frau mit einem herzhaften, lauten Lachen. Aber weil ich nur eines von weit über zwanzig Grosskindern war, vom Alter her ganz anonym irgendwo in der Mitte angesiedelt, hatte ich stets Verständnis dafür, dass «Mutti» andere Grosskinder bevorzugter an ihre grosse Brust drückte. Zum Beispiel meinen Bruder.

«EINSIEDLER SCHOFBÖCK»

Ich hatte dafür die Eltern meines Vaters. Das hat damit zu tun, dass ich schon sehr früh bei ihnen übernachten durfte. Musste. Konnte. Ach, es war eine Win-win-Situation. Meine Arbeiter-
Eltern waren sehr beschäftigt mit Beruf, Haushalt, Fussballklub und Nebenjob im Gastro-Service. Mein Grossvater als Maurer und Platzchef des FC Lachen ebenso. Also hatten meine geliebte Grossmutter und ich oft «sturmfreie Bude» – und genossen es in vollen Zügen. Mein «Mimami» war das Gegenteil von «Mutti». Eher klein von Wuchs, schlank, nie laut. Das musste wohl auch mit ihrem Mann, meinem Grossvater «Bipapi», zu tun haben. Als Sohn von Einwanderern ganz aus dem Norden Italiens, also fast aus dem Tessin, hatte er nur ein Ziel: ein waschechter, angepasster und arbeitsamer Deutschschweizer zu sein. Also ja nicht irgendwie auffallen. Was würden denn die Leute denken? Ihn habe ich als kantigen, drahtigen Mann in Erinnerung, mit blauen Augen und markanter Adlernase, kopfballstark. Mit einer Schwäche für gutes Essen. Und ab und zu Rotwein aus diesen italienischen Korbflaschen. Es kam oft vor, dass ich als Knirps in stürmischen Momenten zu Hause abschlich, um nach einem kurzen Spurt quer durchs Dorf bei meinen Grosseltern Aufmerksamkeit und Geborgenheit zu finden. Und etwas Feines zum Knab­bern: «Einsiedler Schofböck».

DANKE, IHR GROSSELTERN

Ehrlicherweise müsste es heissen: Liebe (und etwas Feines zum Knabbern). Wenn ich heute das Verhältnis meiner Kinder zu meinen Eltern oder meiner Schwiegermutter, also ihren Grosseltern, betrachte, ist es genauso wie damals bei mir. Und das macht mich glücklich. Danke, Ihr Grosseltern! •

Oliver Bono als 13-Jähriger am Tag seiner Firmung zusammen mit Grossmutter Olga, «Mimami», und Grossvater Fritz, «Bipapi».