Ramon Zenhäusern über seine Grosseltern

« Ich würde alles für sie machen »

Er ist einer der aktuell ­schnellsten und grössten Slalomfahrer: Der ­Walliser Ramon Zenhäusern. Er hat Glück, denn er hat noch beide ­Grossmütter und Grossväter. Und alle sind sehr stolz auf ihn.

Von Geraldine Capaul (aufgezeichnet)

Für die Rubrik «Meine Grosseltern» bin ich die ideale Person. Ich habe so ein Glück mit meinen Omis und Opas. Es sind ganz tolle – eigentlich richtig kitschige – Grosseltern und ich habe zu allen vier ein gutes Verhältnis. Ich kann also aus dem Vollen schöpfen.
Die Eltern meines Vaters wohnen in Visp. Mit dem Opa Visp, er heisst Edmund und ist mittlerweile 85 Jahre alt, hab ich viel gebastelt und musiziert – er auf der Mundharmonika, ich auf der Klarinette. Er ist ens en gedoldige Mensch. Ich habe viele Ferien in ihrem Ferienhäuschen verbracht und bin mit ihnen Ski gefahren. Dabei wurde klar: Den Ehrgeiz habe ich von meiner Omi Alice (80). Früher besuchte ich die beiden nach jedem Training. Auch heute geh ich so oft wie möglich vorbei, melde mich spontan zum Mittagessen an. Sie verwöhnen mich sehr, meine Omi Visp etwa macht jedes Jahr einen grossen Sack Walliser Weihnachtguetzli, ganz aufwendig in der Zubereitung, nur für mich. Letztes Jahr durfte ich wegen des Sports nicht so viel Zucker essen, da musste ich schweren Herzens verzichten. Sie verwöhnen mich aber nicht nur, sie unterstützen mich auch tatkräftig. Einmal kam ich nach einem Rennen um 1 Uhr Nachts in Lenk an – und nicht mehr weg. Da hat mich mein Opa abgeholt. Sie verfolgen meine Karriere aufmerksam und schauen die Rennen meistens am Fernsehen. Wenn ich an der Reihe bin, ist meine Omi jeweils so aufgeregt, dass sie aufs WC geht und das Wasser laufen lässt. Immer! Mein Opa war auch schon live an den Rennen, in Adelboden zum Beispiel. Und er begleitet mich ab und an zu einem Sponsoren-Event. Er ist ein sehr geselliger Mensch und ich will ihn so oft wie möglich dabei haben. Edmund sagt übrigens heute noch allen, dass ich sein bester Freund bin.
Die Eltern meiner Mutter, beide 82, wohnen in St. German. Obwohl sie beide nicht Ski fahren, nehmen sie stark Anteil an meinem Sportlerleben. Opa Marcel ist ein ruhiger Mann, aber ich weiss, dass er sehr stolz auf mich ist. Im Zielraum von Adelboden hat er einmal Adolf Ogi getroffen, da war sogar er etwas aufgeregt. Er hat immer Autogrammkarten von mir im Auto. Er will vorbereitet sein, könnte ja sein, dass er jemanden trifft, der sich eine wünscht. Mein Swiss-Ski-Gilet, das ich ihm geschenkt habe, trägt er ständig, sogar zum Jasstreffen in der Beiz mit seinen Kollegen. Und meine Omi schneidet jeden Artikel, der über mich geschrieben wird, aus und sammelt alle in einem grossen Ordner. Weil sie etwas weiter weg wohnen, war ich gerade als Kind nicht ganz so oft bei ihnen. Das hatte jedoch keinen Einfluss auf unsere Beziehung. Ich besuche sie regelmässig, verbringe einige Tage mit ihnen in ihrem Ferienhaus im Turtmanntal, wo wir zusammen jassen. Und essen! Wenn ich nach der ersten – grossen – Portion satt bin, sagt meine Omi Olga zuverlässig: «Was? Schmeckt es dir etwa nicht?!»
Meine Grosseltern sind wichtige Vertrauenspersonen für mich, die ich jederzeit um Rat fragen kann. Alle vier würden alles für mich machen. Und ich würde alles für sie machen. Ich will die Zeit mit ihnen noch fest geniessen.•


Ramon Zenhäusern (28) ist ein Schweizer Skirennfahrer und auf die Disziplin Slalom spezialisiert. An den Olympischen Spielen 2018 in Pyeongchang gewann er Silber im Slalom und Gold im Mannschaftswettbewerb. An den Skiweltmeisterschaften 2019 holte er im Mannschaftswettbewerb Gold. Er stammt aus Visp (VS) und studiert neben seiner Renntätigkeit Wirtschaft an der Fernuni.
ramon-zenhaeusern.ch