Heftig gestritten, herzhaft gelacht

Streitende Kinder strapazieren die Nerven. Die hier vorgestellten Bilderbücher sind dagegen ein Glück, denn es macht richtig
Spass, die Geschichten vorzulesen.

Von HANS TEN DOORNKAAT (Text)

Du hast angefangen! Nein du! ist ein weltweiter Bilderbucherfolg. Ein roter und ein blauer Kerl geraten in Streit. Jeder ist auf einer Seite des Berges, das heisst auf der linken beziehungsweise rechten Buchseite. Damit hat jeder eine Sicht auf die Welt, die der andere nicht nachvollziehen kann. Diese visualisierte Uneinsichtigkeit war David McKees geniale Idee, um vom Streit zu erzählen. Am Schluss sind Rot und Blau vereint, sie schauen in
die gleiche Richtung und vor allem sitzen sie im gleichen Bild. Eine perfekt inszenierte Parabel.

«Du hast angefangen! Nein du!», David McKee, Sauerländer Verlag (auch als Mini-Ausgabe), ca. 23 Franken / 12 Franken.

So war das! Nein, so! Nein, so! bringt eine komplexere, aber alltagsnahe Situation ins Spiel: Dachs und Bär spielen zusammen, der Fuchs tritt auf und wird zum Spielverderber. Schon mit dem Titel zeigt Kathrin Schärer an, dass das Berichten zur Eskalation gehört. Die Illustration spielt auch mit den Positionen im Bildraum. Und immer steht das Tier am Bildrand, das seine Position umreisst. Schliesslich prügeln sich die drei, bis das Eichhorn
interveniert. Es erzählt, was es gesehen hat. Und schon geht der Streit ums Rechthaben weiter. Das Eichhorn aber hüpft zum Bach und baut einen
Damm… bis die Streiter merken, dass zusammen spielen mehr bringt. Hier wird also das Verteidigen der eigenen Wahrnehmung zum Grund für die Eskalation, und das Unterbrechen des Hin und Her wird zum Ausweg.

«So war das! Nein, so! Nein, so!», Kathrin Schärer, Atlantis Verlag (auch als Taschenbuch Minimax), ca. 29 Franken / 12 Franken (Taschenbuch)

Jörg Mühle lässt einen dicken Bären drei Pilze finden und nach Hause bringen: Zwei für mich, einer für dich. Es geht also um das Argumentieren für gerechtes Teilen. Bär und Wiesel streiten je für ihr Konzept von Ausgleich: «Ich muss noch wachsen» – «Ich hab den grösseren Hunger». Das macht die Story leicht übertragbar auf Geschwister oder Konflikte bei Tisch. Mühle inszeniert den Streit als Kammerstück. Und nie sind Bär und Wiesel auf der gleichen Tisch- oder Buchseite. Als ein frecher Fuchs einen Pilz klaut, scheint das Problem gelöst. Doch für das Dessert stehen drei Erdbeeren bereit – Gerechtigkeit ist eben immer neu auszuhandeln.

«Zwei für mich, einer für dich», Jörg Mühle, Moritz Verlag, ca. 20 Franken