„Über-50-Jährige sollen sich impfen lassen“

Pro Senecute ruft zu Solidarität auf. Ältere Menschen sollen sich möglichst rasch gegen das Coronavirus impfen lassen. «Dies ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einer neuen Normalität», sagte Stiftungsratspräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf vor den Medien.

von Eveline Rutz

Die Generationen seien auf einander angewiesen. Gerade in schwierigen Zeiten brauche es ein Miteinander. «Wir alle müssen Entbehrungen hinnehmen», sagte Eveline Widmer-Schlumpf, Stiftungsratspräsidentin der Pro Senectute Schweiz, heute an einer Online-Medienkonferenz. Die Corona-Situation sei für alle schwierig. Viele seien verunsichert. Die junge und erwerbstätige Bevölkerung schränke sich zurzeit allerdings besonders stark ein, um vulnerable Personen zu schützen. «Sie kann sich nicht so bewegen, wie dies ältere Generationen noch konnten», gab die ehemalige Bundesrätin zu bedenken. Dies gelte es anzuerkennen. «Solidarität ist keine Einbahnstrasse», sagte sie und appellierte an die Über-50-Jährigen, sich möglichst schnell gegen Covid-19 impfen zu lassen. Sie schützten damit nicht nur sich selbst, sondern auch ihre Angehörigen sowie das Pflege- und Betreuungspersonal. Sie leisteten zudem einen Beitrag an die Wirtschaft. «Nur wenn sich genügend Menschen impfen lassen, werden wir bald in eine neue Normalität übergehen können.» Dank der Impfstoffe gebe es Licht am Ende des Tunnels, betonte Alain Huber, Direktor Pro Senectute Schweiz. Gemeinsam werde es gelingen, diese schwierige Zeit hinter sich zu lassen.

Da die Impfdosen beschränkt sind, gehen die Kantone schrittweise vor. Betagte, Risikopatienten sowie Bewohnerinnen und Bewohner von Alters- oder Pflegezentren werden prioritär geimpft. Wer noch nicht 75 Jahre alt ist, muss sich gedulden. Grosseltern, auf die das zutrifft, rät Eveline Widmer-Schlumpf, sich bei den kantonalen Behörden zu melden und sich anzumelden.

«Ich bin auch eine enkelhütende Grossmutter und werde mich möglichst rasch impfen lassen.» Stiftungsratspräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf

Besorgt zeigte sich die Stiftungsratspräsidentin über die Situation und die hohe Mortalität in den Heimen. Das Personal tue sein Möglichstes, um die Seniorinnen und Senioren gut zu betreuen. Doch die Verantwortlichen hätten es im Sommer verpasst, griffige Konzepte zu erarbeiten. So sei es etwa bedenklich, Mitarbeitende einzusetzen, die eigentlich in Quarantäne sein müssten. «Man hätte die Zeit gehabt, hat sich aber nicht vorbereitet». Nun müsse breit geimpft und unbedingt mehr getestet werden. Eveline Widmer-Schlumpf kann sich vorstellen, auch Besucherinnen und Besucher zu testen. «Das wäre ein gangbarer Weg», sagte sie gegenüber des «Grosseltern-Magazins». Einzelne Institutionen würden Angehörigen die Temperatur messen, sie zu testen, wäre jedoch noch zuverlässiger. Isolation sei für ältere Menschen, das Schlimmste, was man ihnen zumuten könne, sagte sie weiter. Wer nicht mehr viel Lebenszeit vor sich habe, wolle diese nicht alleine verbringen. 

Pro Senectute stand im letzten Jahr vor grossen Herausforderungen. Sie wird von rund 18 400 Freiwilligen unterstützt, die zu einem grossen Teil im Pensionsalter sind. Die Organisation hat in der Pandemie verschiedene Hilfsangebote für die ältere Bevölkerung geschaffen. Dazu zählen der Einkaufs- und Lieferdienst «Amigos» sowie eine nationale Infoline. Auf politischer Ebene hat sie zudem erreicht, dass Menschen über 65 Jahren nicht mehr grundsätzlich als besonders gefährdet gelten. Das chronologische Alter wird dem biologischen nicht mehr gleichgesetzt.