In der Rubrik „engagiert“ lassen wir Menschen zu Wort kommen, die sich freiwillig engagieren. Dieses Mal Anna-Maria Müller, die als Betreuerin in der Notschlafstelle Baden arbeitet.
«Die Notschlafstelle in Baden wurde vor 3 Jahren eröffnet. Im Auftrag des Vereins Notschlafstelle Aargau wird sie vom Christlichen Sozialwerk HOPE betrieben. Für die Gäste stehen insgesamt 12 Betten zur Verfügung. Die Notschläfer müssen um 20 Uhr hier sein. Die Vergabe der Betten funktioniert nach dem Prinzip ‹first come, first served›. Ja, das ist nicht immer einfach, jemanden wegweisen zu müssen, wenn die Plätze alle belegt sind. Das muss ich als Freiwillige aber nicht machen. Auch Streit schlichten unter den Gästen muss ich nicht. Das macht jeweils die fest angestellte und dafür ausgebildete Person. Wir sind immer zu zweit: Eine Festangestellte und eine Freiwillige. Ich bin für die Küche zuständig. Kochen, tischen, abwaschen. Die Gäste haben die Möglichkeit, sich zu duschen und wir waschen ihnen auf Wunsch auch ihre Kleidung. Hat jemand keine frischen Kleider dabei, haben wir einen Fundus an gespendeter Ware, aus dem sie sich etwas aussuchen dürfen. Nicht alle unsere Gäste leben tagsüber auf der Strasse. Es hat immer auch solche, die gehen einer Arbeit nach. Aber die, die den ganzen Tag draussen sind, sind oft sehr müde. Sie gehen nach dem Essen schon bald ins Bett. Grundsätzlich ist aber erst um Mitternacht Nachtruhe. So lange bleiben wir bei den Gästen sitzen. Manchmal gehen sie nach dem Essen auch nochmals auf die Gasse. Sie müssen aber bis 23 Uhr zurück sein. Drogen und Alkohol dürfen in den Räumen der Notschlafstelle keine konsumiert werden. Kommt jemand zu ‹verladen› zu uns, wird vor Ort entschieden, ob er oder sie trotzdem reinkommen darf. Da kann es auch mal vorkommen, dass wir die Polizei um Hilfe rufen müssen, wenn jemand beginnt zu randalieren. Aber eine gefährliche Situation oder eine, in der ich Angst haben musste, habe ich noch nie erlebt. Die meisten Gäste sind auch einfach dankbar und froh um unser Angebot. Ich höre mir die Lebensgeschichten an und urteile nicht. Ich kann mich auch gut abgrenzen.
Gegen ein Uhr morgens wird es meist ruhig und wir legen uns ebenfalls schlafen. Manchmal müssen wir nochmals auf, wenn die Polizei jemanden vorbeibringt oder wenn einer der Gäste im Haus ‹herumgeistert›. Meist komme ich aber zu ein paar Stunden Schlaf. Am nächsten Morgen servieren wir ein kleines Frühstück und danach helfe ich beim Bettenabziehen und Putzen. Bis 9 Uhr müssen alle Gäste wieder draussen sein.
HOPE bietet einen kostenlosen Sozialdienst an, der Obdachlose dabei unterstützt, ihr Leben wieder in geordnete Bahnen zu bringen. Das funktioniert nicht immer, aber es gibt sie, die Erfolgsgeschichten.»
Wer Anna-Maria Müller (61) aus Leibstadt (AG)
Wofür Notschlafstelle Baden
Funktion Freiwillige Betreuerin