«Andere zum Lachen zu bringen, motiviert Kinder»

Interview: Anna Six; Foto: Filippi Family (Passfotos)

Ab welchem Alter ein Kind Ironie versteht und warum Grosseltern die Witze ihrer Enkel manchmal doof finden, erklärt Anja Meier, Verantwortliche Politik & Medien bei Pro Juventute.

Wie schaffen es kleine Kinder, so vieles zu tun, was uns Erwachsene zum Lachen bringt?
Kleine Kinder sind sehr neugierig und möchten die Welt um sich herum erkunden. Diese sorglose und einfache Freude am Spielen, Lachen oder Erleben von neuen Dingen kann für uns Erwachsene zu durchaus humorvollen Situationen führen. Denn Kinder handeln spontan und impulsiv, ohne gross über soziale Normen nachzudenken. Da sie ihre kognitiven, sprachlichen und mimischen Fähigkeiten erst noch erlernen müssen, können von Erwachsenen aufgeschnappte Wörter missverstanden oder Bedeutungen verwechselt werden. Mit ihrer Fantasie, unerwarteten Äusserungen sowie ihrer sorglosen Betrachtungsweise von alltäglichen Dingen können kleine Kinder uns Erwachsene zum Lachen bringen.

Wie lernen Kinder Humor – und ab welchem Alter versteht ein Kind Ironie?
Mit der kognitiven und sozialen Entwicklung von Kindern entwickelt sich auch ihr Verständnis von Humor und Ironie. Zunächst beginnen sie, auf akustische und visuelle Reize zu reagieren. So zum Beispiel auf Grimassen oder lustige Geräusche. Humor in dieser Altersgruppe kann oft einfach und unkompliziert sein, mit Witzen, die auf wiederholten Klängen, einfachen Wortspielen oder physischen Aktionen basieren. Ab dem Vorschulalter entwickeln Kinder ein Verständnis für absurden Humor und können anfangen, lustige Dinge zu erfinden und zu spielen. Sie beginnen, einfache humorvolle Situationen zu verstehen, zum Beispiel sich hinter einem Vorhang zu verstecken und dann «Buh!» zu rufen. Auch können zunehmend Anfänge von Ironie verstanden werden: Kinder lernen, dass man manchmal das Gegenteil von dem sagt, was man meint, um humorvolle Reaktionen zu erzielen. Ab dem Grundschulalter entwickeln Kinder ein besseres Verständnis für Wortspiele, Situationskomik und einfache Pointen. Humor kann hier oft auf Spiel, Fantasie und Kreativität basieren. So erfinden Kinder gerne alberne Witze oder spielen absurde Situationen nach. Grundsätzlich ist es das soziale Lernen, welches das Witze-Erzählen oder Humor so reizvoll macht: Wenn Kinder merken, dass ihr Verhalten oder ein Witz gut ankommt und andere Personen lachen, wächst ihr Ehrgeiz und sie wollen es öfter und noch besser machen. Die Entwicklung von Humor und Ironie kann jedoch bei Kindern sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Einige verstehen Humor und Ironie frühzeitig, während es bei anderen Kindern länger dauert. Deshalb ist es wichtig, die Reaktionen der Kinder zu beobachten, um sicherzustellen, dass sie den Humor verstehen und nicht verunsichert sind. Gerade jüngere Kinder können bei ironischen Äusserungen meinen, man mache sich über sie lustig.

Was steckt dahinter, wenn Kinder untereinander nicht mehr aufhören können zu «gigele»?
Humor ist für Kinder vor allem ein Spiel. Durch das «Gigele» kommunizieren und interagieren sie in einer spielerischen Weise und teilen ihre Begeisterung mit, wenn sie etwas Lustiges erleben. Und das ist wichtig, denn es trägt dazu bei, sich besser zu fühlen und die eigenen Emotionen zu regulieren. Humor hilft bei der Bewältigung von Stress, stärkt die Resilienz und wirkt sich positiv auf die Entwicklung des Kindes aus. Gemeinsame humorvolle Erlebnisse oder Insider-Witze geben Kindern zudem ein Gefühl der Zusammengehörigkeit.

Manchmal finden wir als Grosseltern oder Eltern Dinge überhaupt nicht lustig, über die sich unsere Kinder und Enkel kaputtlachen. Warum? Unterscheidet sich Humor in verschiedenen Lebensaltern?
Humor entwickelt sich das ganze Leben lang und wird auch von kognitiven, emotionalen, sozialen und kulturellen Faktoren beeinflusst. Kinder im Grundschulalter finden deshalb auch andere Dinge lustig als Jugendliche oder Eltern und Grosseltern. Denn Kinder haben andere Interessen und Vorlieben und machen Witze über Dinge, die ihnen in ihrem Alltag begegnen, wie Tiere, Essen, Spielzeug und Fantasiewesen. Diese Themen sprechen Grosseltern und Eltern möglicherweise nicht an und sie können den Witz daher nicht nachvollziehen. Es ist deshalb völlig normal, dass Erwachsene nicht über alle Kinderwitze im gleichen Mass lachen können.