Von trauriger Aktualität

Über den Krieg reden: Kinderbücher können dabei helfen.

Von Hans ten Doornkaat (Text)

In Trickfilmen sind Schlägereien oft Unterhaltungsmomente, und ältere Kinder schauen Kriegsfilme als Spannungsangebot. Und dann, wenn die Verhältnisse Fragen aufwerfen und Ängste auslösen, soll Kinderliteratur klären helfen. Eigentlich eine paradoxe Situation, aber niemandem vorzuwerfen.
Wer von Konflikten im Alltag sprechen will, um über Krieg nachzudenken, findet in unserem Dossier über Streit und Streitkultur auch Hinweise auf passende Bilderbücher (grosseltern-magazin.ch/streit).
Aber angenommen, Sie möchten Fluchtgründe und Flüchtlingssschicksale einbringen, um Kindern die Notwendigkeit des Schutzstatus S zu erklären: Die in der Schweiz lebende Künstlerin Francesca Sanna erzählt in einem intensiv bunten Bilderbuch von einer Flucht, während die Französin Claude K. Dubois in einer grossartigen Abfolge vieler Skizzen von einem Bub im Nahen Osten berichtet, der fliehend seine Mutter verliert. Und eindrücklicher als alle Jugendromane über Kriegsflüchtlinge war für mich die Geschichte von Dirk Reinhardt über die Train Kids, d.h. über eine «ganz normale» Migration von Teenagern aus Mittelamerika in die USA.
Weil zwei, drei Buchtipps weder den Fragen noch dem Angebot gerecht werden können, verweise ich auf differenzierte Empfehlungslisten und Datenbanken:

LINKS ZU EMPFEHLUNGSLISTEN

sikjm.ch/literale-foerderung/medientipps

sikjm.ch/rezensionen/datenbank: Mit den Stichworten Krieg, Konflikt, Flucht, Flüchtlinge, Streit u.a.m. finden Sie noch mehr Buchbesprechungen.

– kinder-jugendbuchverlage.de «Schwerpunkthemen» führt zu einer weiteren Zusammenstellung einschlägiger Bücher für alle Lesealter.

Die Listen haben auch den Vorteil, dass Umschlagbilder und teils weitere Illustrationen Ihnen die Möglichkeit geben, sich ein erstes Bild von den Büchern zu machen. Abschliessend dennoch einen Einzeltipp; bewusst ein überraschender: Was ist ein Diktator? Am Besten zeigt das eine ungemein witzige Geschichte. Wer jetzt an Charlie Chaplins «The Great Dictator» denkt, liegt nicht falsch. Satire ist ein starkes Aufklärungsmittel. Das Bilderbuch «Hier kommt keiner durch» erzählt überraschend, aber letztlich frappant einfach, wie ein Soldat niemanden von der linken Buchseite auf die rechte hinüber lässt. Die bleibt weiss und leer. So lächerlich das ist, der General hats befohlen. Praktisch ohne Worte, aber in plakativ bunten Bildern entwickelt sich nun die Geschichte, wie ein Ball die Grenze überwindet, und wie Kinder das Verbot durchbrechen. Kinder, die naiv das fragen oder tun, was die Erwachsenen nicht wagen, das hat schon des Kaisers neue Kleider entlarvt. Und das ist auch die Pointe und die Hoffnung, um den Widersinn eines unsinnigen Befehls vorzuführen.

Francesca Sanna: «Die Flucht». NordSüd Verlag. Ab 4 Jahren
Claude K. Dubois: «Akim rennt». Moritz Verlag. Ab 6 Jahren
Dirk Reinhardt: «Train Kids». Gerstenberg Verlag. Ab 13 Jahren
Isabel Minhos Martins/ Bernardo P. ­Carvalho: «Hier kommt keiner durch». Klett Kinderbuch. Ab 4 Jahren